Wie in der Kirche die christliche Schöpfungslehre dem Neo-Pantheismus wich. Joachim Heimerl.
11 Marzo 2025
Marco Tosatti
Liebe Freunde und Feinde von Stilum Curiae, Pater Joachim Heimerl, dem wir von ganzem Herzen danken, bietet Ihnen diese Abhandlungen über das Naturverständnis, das sich in der Kirche ausbreitet, zur Kenntnisnahme an. Viel Spaß beim Lesen und Meditieren.
§§§
Warum die „Gott-Natur“ und die Klimahysterie keine Hoffnung haben. – Über Goethes „Ganymed“-Hymne und Eichendorffs „Mondnacht“.
Von P. Joachim Heimerl von Heimthal
Bekanntermaßen zählt Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) „Ganymed“ (1774) zu den bedeutendsten Gedichten der Epoche des „Sturm und Drang“. Dabei war diese Hymne nie unumstritten und einst war sie im Schulunterricht sogar verboten.
Das mythische Sujet vom Göttervater Zeus, der sich des schönen Knaben Ganymed bemächtigt und ihn in den Olymp entführt, ist begreiflicherweise heikel.
Glücklicherweise hat Goethe jedoch die Handlung als Frühlingserlebnis chiffriert; der Text funktioniert so diskreter auch als Naturgedicht und ist damit heute so aktuell wie vor 250 Jahren.
Darüber hinaus wird an „Ganymed“ sichtbar, wofür Goethes Naturbegriff steht und was seine Naturlyrik ausdrückt. Kurz: Die Hymne ist ein Schlüsseltext zum Denken Goethes.
Außerdem markiert sie den Paradigmenwechsel, der sich seit Rousseaus „Entdeckung“ der Natur in der Literatur des 18. Jahrhunderts immer schneller vollzog.
Zuvor hatten Dichter wie Barthold Hinrich Brockes (1680-1747) von der Naturbeobachtung wie selbstverständlich auf den Schöpfer geschlossen, und die Naturlyrik verstand sich insgesamt als „irdisch Vergnügen in Gott“.
Spätestens in der Goethezeit war mit solcher Frömmigkeit Schluss: Nun ging es darum, die Natur im Sinne des Pantheismus zu vergöttlichen oder sie wenigstens als göttlich zu erleben.
Freilich bedeutete dies einen Bruch mit dem Christentum, und Goethe selbst setzte 1826 in den „Terzinen auf Schillers Schädel“ „Gott“ und „Natur“ mit einem simplen Bindestrich gleich.
Diesen Gedanken nahm er ein halbes Jahrhundert zuvor in der „Ganymed“-Hymne vorweg: Hier erlebt das lyrische Ich eine frühlingshafte Natur, die es zugleich als „Geliebter“ und „alliebender Vater“ anspricht und die mit Zeus und allem Göttlichen identisch ist. Ganymed selbst geht in dieser göttlichen Natur am Ende vollständig auf: Er wird in einer Apotheose eins mit ihr und vergöttlicht sich – typisch Goethe – auf diesem Wege selbst.
Dies zeigt: Goethes Natur ist nie wirklich „göttlich“, sondern bleibt immer die Fiktion menschlicher Selbstvergottung; über die Schwerkraft des Irdischen kommt sie nicht hinaus.
Aus Rousseaus Maxime „zurück zur Natur“ ist bei Goethe lediglich der Anfang der modernen Selbstanbetung des Menschen geworden, die sich bis in die moderne Klimahysterie fortsetzt. Längst kommt es dabei auf den göttlichen Schöpfer nicht mehr an. Stattdessen ist die Schöpfung zum neuheidnischen Selbstzweck geworden, während die Angst vor einer „Klimakatastrophe“ unübersehbar pseudo-religiöse Züge trägt.
Sogar in der kirchlichen Verkündigung ist die christliche Schöpfungslehre inzwischen einem Neo-Pantheismus gewichen: Die Erhaltung der Natur ist zu einem vagen Heilsversprechen geworden, das ohne den göttlichen Erlöser auskommen will und doch nur in die Aporie der Verzweiflung führt. – Nein, die Natur rettet den Menschen nicht! Und es ist zutiefst beschämend, dass weder der gegenwärtige Papst noch die Überzahl der Bischöfe dies klarstellen wollen.
Gegenüber solcher Tristesse entwickelt Joseph von Eichendorffs berühmtes Gedicht „Mondnacht“ (1835/37) ein durch und durch christlich geprägtes Naturverständnis.
Eichendorff selbst hat seinen Gedichten meist keine Titel gegeben und auch „Mondnacht“ stammt nicht von ihm. Dennoch stellt dieses Gedicht eine bemerkenswerte Ausnahme dar; Eichendorff überschrieb es ursprünglich mit „geistlich“ und drückte damit aus, worum es in diesem Text eigentlich geht: Die Natur ist hier kein Gottesbeweis wie bei Brockes, und auch kein Medium der Selbstvergottung wie bei Goethe, sondern der spirituelle Raum einer individuellen Gotteserfahrung, die das lyrische Ich deshalb nur zurückhaltend im Konjunktiv schildert:
„Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt’.“
Es ist ein intimes, mystisches Geschehen, das hier beschrieben wird, etwas, das ganz Gnade ist und deshalb Geheimnis bleibt. Nicht der Mensch, die Erde oder eine numinose Natur sind so die Handelnden des Gedichts, sondern allein die göttliche Übernatur: der „Himmel“, wenn man es ganz einfach im Sinne des Textes sagt.
Vom „Himmel“ herab teilt sich Gott dem lyrischen Ich nun mit, und zwar genau so, wie er sich einst dem Propheten Elija geoffenbart hat: als „Luft“ oder eben als „Windhauch“, um es mit der Sprache der Bibel zu sagen (vgl. 1. Kön. 19,12) . Und indem er das tut, spricht er das Ich auf einer Empfindungsebene an, die so echt und innig ist, dass sie jede falsche Selbstvergöttlichung überflüssig macht:
„Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.“
Damit wird die Natur zur Spiegelung eines übernatürlichen, eines „geistlichen“ Geschehens, dem Eichendorff eine „sachte“ Dynamik verleiht: Wie in einer Kreisbewegung lenkt er den Blick vom „Himmel“ auf die „Felder“, „Ähren“ und „Wälder“ und schließlich zum „sternklar[en]“ Firmament zurück. Alles kommt eben von Gott und kehrt zu Gott zurück, denn ER allein hat alles aus dem Nichts ins Dasein gerufen und nur ER führt es zur Vollendung. ER ist das Alpha und das Omega.
Dies ist nicht nur der Kern des christlichen Schöpfungsglaubens, sondern das Koordinatensystem, in dem sich das ganze Leben des Menschen bewegt. Die letzte Strophe drückt das folgendermaßen aus:
„Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.“
Dieses Ausspannen der Seele nach Gott ist die fundamentale Bestimmung des Menschen.
Anders als bei Goethe bleibt das lyrische Ich hier nicht bei seiner natürlichen Gebundenheit stehen, sondern bindet alles Natürliche an die Gnade zurück. Es weiß: Letztlich ist nicht die diesseitige Natur unser Zuhause, sondern unsere jenseitige Wohnung bei Gott. Ohne Übernatur hat die Natur überhaupt keinen Wert. Darauf weist Eichendorffs „Mondnacht“ ausdrücklich hin. Das Gedicht macht damit deutlich, was all jenen fehlt, die sich seit Goethe nur auf eine simple „Gott-Natur“ berufen: Die Hoffnung, die der göttliche Schöpfer seiner Schöpfung und uns allen eingeschrieben hat. Und gerade die brauchen wir heute mehr denn je. Die neuheidnische „Klimatheologie“ von Papst Franziskus und seinen Leuten brauchen wir jedoch nicht.
§§§
Aiutate Stilum Curiae
IBAN: IT79N0 200805319000400690898
BIC/SWIFT: UNCRITM1E35
ATTENZIONE:
L’IBAN INDICATO NELLA FOTO A DESTRA E’ OBSOLETO.
QUELLO GIUSTO E’:
IBAN: IT79N0 200805319000400690898
Condividi i miei articoli:
Categoria: Generale
Trotzdem ist Goethes Gedicht “Bei der Betrachtung von Schillers Schädel” wunderbar, und zwei seiner Verse sind mir immer gegenwärtig:
“Wie mich geheimnisvoll die Form entzückte! /
Die gottgedachte Spur, die sich erhalten!”
“Die neuheidnische „Klimatheologie“ von Papst Franziskus und seinen Leuten brauchen wir jedoch nicht.”
Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber warum nennen Sie einen Neuheiden “Papst” und “seine Leute”, die der Klimareligon anhängen, “Kirche”?